Abo

WeltglückstagDas Glück, mal Pause zu machen

Lesezeit 3 Minuten
Birgit-Rita Reifferscheidt, ...

Birgit-Rita Reifferscheidt, ...

Köln – Rote, blaue und gelbe Bänder baumeln an einer der unteren Sprossen des ehemaligen Gartenstuhls herunter. Zwischen ihnen klimpert ein kleines Windspiel in den Windböen, die über den Maternusplatz wehen. Birgit-Rita Reifferscheidt (51) hat den bunt besprühten Stuhl an den Rand des kleinen Rodenkirchener Ökomarkts aufgestellt. Anlässlich des Internationalen Weltglückstags hat sich Reifferscheidt, wie rund 50 weitere Kölner, an der Aktion des studentischen Projekts „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ beteiligt: Einen Stuhl auf die Straße stellen, damit sich die Menschen eine Pause gönnen können. Doch können wir das überhaupt noch? Einfach den Pausen-Knopf drücken und entspannen, mitten im Alltag?

„Bisher hat sich noch keiner hingesetzt“

„Die meisten Leute, die an meinem Stuhl vorbei gegangen sind, haben neugierig geschaut und einfach gelächelt, als sie die kleine Plakette des Glücksministeriums entdeckt haben“, berichtet Reifferscheidt. „Bisher hat sich aber noch keiner hingesetzt. Viele laufen einfach in ihren Bahnen und haben nur ihr Ziel vor Augen.“

Das Ministerium für Glück und Wohlbefinden ist eine bundesweite Kampagne der Mannheimer Kommunikationsdesignerin Gina Schöler. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Glück und Wohlbefinden in den Vordergrund des alltäglichen Lebens zu rücken. Dafür plant sie Veranstaltungen mit Glücksexperten, organisiert Workshops an Schulen und veranstaltet Mitmach-Aktionen. Die Idee Glücksministerium soll zum Nachdenken über die eigene Schnelligkeit im Leben anregen und das Glück im Alltag verankern. (stö)

Reifferscheidt hat das bundesweite Projekt des Ministeriums für Glück und Wohlbefinden von Gina Schöler aus Mannheim bereits in seinen Anfängen unterstützt. Schölers Idee entstand während ihres Gestaltungsstudiums als Semesterprojekt.

„Ich habe gemerkt, dass mich das Thema Glück fasziniert und berührt“, sagt Schöler. „Zum Weltglückstag wollte ich gerne eine Aktion starten, um auf das Thema aufmerksam zu machen und die Leute dafür zu sensibilisieren, sich einfach mal hinzusetzen und Pause zu machen. Und viele, die mitgemacht haben, waren begeistert. Und haben uns von Zuhause aus später noch sehr emotionale Dank-Mails geschickt.“

Aktion des Glücksministeriums

Bei Gina Schöler konnten Interessenten eine kleine Plakette anfordern, die sie an ihren Stühlen befestigten, um zu zeigen, dass sie bei der Aktion des Glücksministeriums mitmachen. „Die Menschen in der Köln/Bonner-Region waren am aktivsten“, berichtet die Glücksministerin Schöler. Deutschlandweit haben sich rund 800 Aktivisten beteiligt, die meisten im Rheinland. „Die Leute suchen immer nach dem ganz großen Glück“, reflektiert die 51-jährige Reifferscheidt. „Dabei geht es doch um die kleinen Momente.“

Begeistert von dem Entschleunigungs-Projekt ist auch die 55 Jahre alte Kathrin Franckenberg. Die Künstlerin hat ihren mit einer Collagetechnik verzierten Stuhl vor ihr Atelier an der Luxemburger Straße in Sülz gestellt. „Es tut gut, sich auf die wichtigen Dinge im Leben zu besinnen und sich nicht immer selbst überholen zu wollen“, so Franckenberg. „Wenn ich mich hinsetze und Pause mache, kann ich auch meinen Körper besser wahrnehmen.“

Gemeinsam mit ihren drei Kindern hat Jenny Klestil ihren Glücksstuhl in Riehl beklebt. „Darauf sind nun Motive zu sehen, die für uns Glück bedeuten“, so die 36-Jährige und zeigt auf Karnevalsfotos und Sommerbilder. „Wir merken das selbst im Alltag: Es geht immer nur darum, sich zu beeilen“, sagt Klestil. „Hier im Stadtteil leben viele ältere Menschen und Familien, die sich gerne einmal ausruhen würden, wenn sie im Alltag unterwegs sind. Möglichkeiten dafür sollte es mehr geben.“

Immerzu beobachte sie Senioren mit Rollatoren, die für ein kurzes Wegstück große Anstrengung bedeute. „Die würden sich bestimmt gerne ab und zu ausruhen.“ Die Aktion zum Weltglückstag findet Jenny Klestil super. „Es muss sich jetzt bestimmt erst einmal etablieren, damit noch mehr Menschen mitmachen. Ich bin nächstes Jahr auf jeden Fall wieder dabei“, sagt die Riehlerin. „Einen Stuhl, selbst wenn er nicht verziert ist, auf die Straße zu setzen, ist kein Aufwand und hat doch eine so schöne Botschaft.“

KStA abonnieren