1. Februar 2023

Erste Hilfe gegen Arbeitsfrust: Warum sind deutsche Arbeitnehmer:innen so unzufrieden mit ihrem Job?

Mehr als ein Viertel der Deutschen ist laut der XING Job-Happiness-Studie 2022 nicht zufrieden mit oder in ihrem Job. Die Frage aller Fragen ist also: Woran liegt das, und was können Unternehmen tun, um Glück und Zufriedenheit im Arbeitsalltag wiederzubeleben? Drei Tipps.

Mehr als ein Viertel der Deutschen ist laut der XING Job-Happiness-Studie 2022 nicht zufrieden mit oder in ihrem Job. Die Frage aller Fragen ist also: Woran liegt das, und was können Unternehmen tun, um Glück und Zufriedenheit im Arbeitsalltag wiederzubeleben? Drei Tipps.

Als Glücksministerin beschäftige ich mich schon lange und intensiv mit dem Thema Zufriedenheit im Arbeitsleben. Tatsächlich ist es noch nicht so lange her, dass ich über eine Schlagzeile gestolpert bin, in der Deutschland als „Frustweltmeister“ 2020 bezeichnet wurde. Wow, das sitzt! Und ich habe mich gleichzeitig gefragt: Sieht das heute, zwei Jahre später, anders aus?

Wie steht’s um die Arbeitszufriedenheit in Deutschland? 

Es ist fast so, als könnten die Kolleg·innen bei XING Gedanken lesen, denn: Jetzt wurden die Ergebnisse der XING Job-Happiness-Studie veröffentlicht, die in Kooperation mit forsa (Gesellschaft für Sozialforschung) im Oktober 2022 durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Studie wurden bundesweit über 3000 erwerbstätige Personen befragt, wie glücklich und zufrieden sie in ihrem aktuellen Job sind, welche Faktoren dazu beitragen und welche Wünsche sie an ihr Arbeitsleben haben. 

In dieser Umfrage kam heraus, dass von den Befragten

  • 73 Prozent mit ihrer aktuellen beruflichen Situation zufrieden 
  • 13 Prozent unzufrieden und 
  • 14 Prozent weder das eine noch das andere sind. 

Ganze 27 Prozent der Teilnehmenden konnten also nicht von sich behaupten, zufrieden mit oder in ihrem Job zu sein. Das ist immerhin mehr als ein Viertel! Laut Frustweltmeister-Artikel waren es 2020 noch 23 Prozent, die unmotiviert zur Arbeit gingen. Die Frage aller Fragen ist also: Woran liegt das?

Warum sind deutsche Arbeitnehmer·innen so unzufrieden mit ihrem Job?

Ähnlich wie beim Glück ist auch das Empfinden von Arbeitszufriedenheit sehr individuell. Welche Aspekte uns dabei besonders wichtig oder unwichtig sind, hängt stark von unseren persönlichen Erwartungen und Präferenzen ab, die wir an unseren Job richten.

Dass dieses Thema sehr individuell und nicht immer trennscharf ist, zeigt auch die Erkenntnis, dass 64 Prozent der Deutschen in dieser Befragung von XING und forsa bestätigen, dass „Zufriedenheit“ und „Glücklichsein“ im Job für sie zwei unterschiedliche Dinge sind. Das könnte bedeuten, dass „Zufriedenheit“ langfristiger empfunden wird und dass „Glück“ eher kurze Momente der Freude sind. Aber was die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden emotionalen Zuständen sind, kann wohl jede·r nur für sich selbst entscheiden.

Zu den einflussreichsten Faktoren für ein gutes Arbeitsleben zählen laut Umfrageergebnissen von XING und forsa:

  • die Identifikation mit dem Arbeitgebenden und die empfundene Sinnhaftigkeit hinter der ausgeführten Arbeit – unser so genannter Purpose
  • Inklusion
  • unser Stressempfinden
  • das Thema Wertschätzung und 
  • eine faire Bezahlung.

Während die Umfrage zeigt, dass sowohl der eigene Purpose als auch das Thema Inklusion bereits recht häufig erfüllt werden, sieht es beim Rest nicht so rosig aus: In Sachen Stressmanagement, Wertschätzung und fairem Gehalt scheinen deutsche Unternehmen enormen Aufholbedarf zu haben.

Andere Studien belegen außerdem, dass Entscheidungsfreiheit sowie flexible Arbeitszeiten, die besonders der Generation Z wichtig sind, entscheidende Faktoren für die Arbeitszufriedenheit darstellen. Was das Thema Home Office angeht, liegt Deutschland laut einer Peakon-Umfrage aus dem Jahr 2020 mit 8,6 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt (10,3 Prozent). Länder wie die Niederlande oder Schweden performen hier mit jeweils über 30 Prozent! (Quelle) Da können sich deutsche Unternehmen ruhig eine große Scheibe abschneiden.

Sicherlich hat auch der Ausbruch der Corona-Pandemie ihren Beitrag zum rapiden Abfall der Arbeits- und allgemeinen Lebenszufriedenheit geleistet, wie sich auch in einem historischen Tief der Glücksatlas Ergebnisse 2020 widerspiegelte. Hier zeigt die aktuelle Studie von XING und forsa:

  • 29 Prozent der Befragten sind mit ihrer derzeitigen beruflichen Situation zufriedener als vor der Corona-Pandemie. 
  • Das betrifft vor allem die Generation Z und Y: Mehr als jeder Dritte der 18-35-Jährigen sagt, dass sie heute zufriedener im Job sind als „vor Corona“.

Also, warum nicht gleich hier anknüpfen?

Was können Unternehmen jetzt tun?

1. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung:

Zu viele Manager·innen unterschätzen nach wie vor, wie wichtig Mitarbeiterzufriedenheit in einem wirtschaftlichen Kontext sind. Dabei sprechen auch hier (wie so oft) die Zahlen für sich: Unmotivierte Mitarbeitende kosten Unternehmen extrem viel Geld, indem sie (innerlich) kündigen oder sich öfter krank melden. Umfragen zeigen, dass die Zahl der Krankheitstage von unmotivierten Mitarbeitenden bis zu 75 Prozent höher liegt als bei motivierten Arbeitskräften. Ein Unternehmen mit 10.000 Angestellten kann das einen jährlichen Verlust von mehr als 48 Millionen Euro bedeuten.

Zufriedene Mitarbeitende sind ein Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Dem gegenüber ist erwiesen, dass sich die Arbeitszufriedenheit positiv auf die Produktivität und emotionale Bindung zum Unternehmen, also Arbeitgebertreue auswirkt. Das belegt auch die XING Job Happiness Studie: 62 Prozent der zufriedenen Arbeitnehmer·innen wollen laut dieser keine Jobangebote von anderen Unternehmen erhalten. Also: Durch eine Stärkung der Mitarbeiterzufriedenheit können Führungskräfte ganz aktiv etwas gegen Fluktuation und die damit verbundenen Kosten und auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken – es lohnt sich also auch aus einer wirtschaftlichen Perspektive in die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeitenden zu investieren!

Das zu erkennen und Arbeitsklima, Unternehmenskultur und Mitarbeitendenzufriedenheit nicht mehr nur als „Nice-to-haves” abzustempeln, ist schon mal der erste Schritt zur Besserung (Quelle).

2. Prävention statt Intervention

Auch in Sachen Mitarbeitendenzufriedenheit ist es nicht ratsam zu warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das Ziel deutscher Arbeitgeber·innen muss es meines Erachtens deshalb sein, dem Problem präventiv zu begegnen. Und das gelingt nur, wenn wir das Thema authentisch in die Unternehmenskultur integrieren und entsprechend (vor)leben. Dadurch wird nicht nur das Gefühl der sozialen Verbundenheit und Wertschätzung im Berufsleben gestärkt, sondern auch die emotionale Bindung zum und zur Arbeitgeber·in.

3. Zuhören ist das A und O

Gerade weil Arbeitszufriedenheit so individuell empfunden wird, ist es besonders wichtig, den Mitarbeitenden aufmerksam zuzuhören bzw. erst einmal Raum für echtes Interesse und Austausch zu schaffen. So können ihre Bedürfnisse und Erwartungen ernst genommen werden. Und dann heißt es: Worten Taten folgen zu lassen. „Ned babbeln, mache!” würden wir in Mannheim jetzt wieder so schön sagen!

Ob es die Arbeitsinhalte sind, das Einkommen, die Sicherheit am Arbeitsplatz, das Gemeinschaftsgefühl oder die Führungsqualität – alle Faktoren müssen entsprechend berücksichtigt werden, wenn es darum geht, Zufriedenheit im Arbeitskontext umfassend zu begreifen. Regelmäßige 360-Grad-Feedbackgespräche, anonyme Mitarbeitendenumfragen oder (Kreativ- oder Softskill-)Workshops können dabei helfen, Defizite ans Tageslicht zu befördern und bieten Klarheit, an welchen Stellschrauben Führungskräfte nachjustieren müssen.

Und was sollte man als Arbeitnehmer·in beachten?

Ich persönlich bin Verfechterin des Mottos: „Arbeitszeit ist Lebenszeit!“

Zeit ist unser wertvollstes Gut und manchmal wissen wir sie erst wieder zu schätzen, wenn uns vor Augen geführt wird, wie endlich sie ist. Da wir einen enormen Anteil davon mit Arbeiten verbringen, ist es ratsam für unsere allgemeine Lebenszufriedenheit, uns mit dem Arbeitsglück auseinanderzusetzen. Hier gilt es, Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen, mutig zu sein, diese auch aus- und anzusprechen und dann zu schauen, welche Hebel wir in Bewegung setzen können, diese Schritt für Schritt auch in die Umsetzung zu bekommen.

Und gleichzeitig gilt es, uns auch hier nicht unter Druck zu setzen – eine perfekte Zufriedenheit im Job, dauerhaft, langanhaltend und allumfassend ist nicht realistisch. Wie alles im Leben wird es auch hier Höhen und Tiefen geben, Phasen, in denen wir durchhalten müssen, Zeiten, in denen wir einen Flow-Moment nach dem nächsten haben. All das ist normal und menschlich. Letztlich geht es um einen reflektierten und neugierigen Blick auf sich und sein (Arbeits-)Leben und regelmäßige und ehrliche Check-Ins, was man gerade fördern oder verändern möchte.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen viel Spaß auf dieser spannenden Reise namens Berufsleben!

Kreative und interaktive Impulse mit nachhaltiger Wirkung: Das bietet Gina als Glücksministerin

Um Manager·innen bei diesem Prozess zu unterstützen, biete ich übrigens auch im Rahmen meiner Tätigkeit als Glücksministerin Vorträge und Workshops für Führungskräfte und Teams an, um Erkenntnisse aus der Positiven Psychologie und aus der Glücksforschung in das Arbeitsleben zu integrieren – Positive Leadership also! Auf unkonventionelle, spielerische Art und Weise zeige ich auf Augenhöhe auf, wie wichtig Zufriedenheit am Arbeitsplatz ist und bringe sie dabei mit praktischen Übungen selbst ins Erleben. Dadurch können sie das Gesagte besser lernen und anschließend authentisch weitervermitteln – denn in der Theorie weiß natürlich jede:r wie es eigentlich geht, nur geht das im Eifer des Alltags (oder auch Hamsterrad genannt) gerne unter. Mit all den positiven Emotionen und Erlebnissen im Gepäck, wirken die Inhalte aber nachhaltig und haben die Chance, wirklich etwas zu verändern!

Meine Gedanken zum Thema „Weniger ist mehr: Wie unsere Arbeit(szeit) unser Wohlbefinden beeinflusst“ könnt ihr hier noch mal nachlesen.

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