10. Oktober 2023

Zum Tag der seelischen Gesundheit

Um psychisch gesund zu bleiben, muss man sich darüber bewusst sein, welche Faktoren positive und negative Einflüsse haben.

Am 10.10. ist Tag der seelischen Gesundheit!

Ein Glück – denn Aufmerksamkeit auf die mentale Gesundheit zu richten, ist wichtiger denn je. Alarmierende Zahlen zeigen, dass die Lebenszufriedenheit unter Jugendlichen zwischen 16 und 19 Jahren in Deutschland stetig sinkt. Krieg, Pandemie und Klimawandel scheinen sich stark auf die mentale Gesundheit der jungen Bevölkerung auszuwirken. Zwischen 2013 und 2022 sank die Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 1-10 von 7,7 auf 6,6 bei Frauen und von 7,7 auf 6,9 bei Männern. Das zeigen Zahlen des statistischen Bundesamts der Europäischen Kommission. 

Die erschreckenden Zahlen decken sich auch mit dem Eindruck, der bei unseren redesign YOU Schulworkshops entsteht und zeigen deutlich: Wir brauchen mehr Unterstützung und Hilfsangebote für junge Erwachsene! 

Hier zu sehen: „Ganz normale“ Antworten während eines Schulworkshops auf die Frage, welche Hürden und Hindernisse die jungen Menschen in ihrem Leben haben.

Von Limos, Clowns und der Wissenschaft

Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen ist eine Situation, in der ich zusammen mit meinen Eltern einen Ausflug nach Mannheim mache. Wir kommen in ein großes Gebäude, melden uns an der Pforte, werden herzlich begrüßt, ich bekomme leckeres Essen und eine Limo. Und dann darf ich in einem Raum mit meinen Eltern spielen, abwechselnd mit meinem Vater und meiner Mutter. Memory, Puppen und ganz besonders hat es mir der Clown angetan, der nach mehrmaligem Drehen spontan aus einer Kiste springt. Ich quietsche und lache und quieke bei jedem Sprung vor Freude und Überraschung. Vielleicht habe ich das aber auch deshalb so lebendig vor Augen, weil diese Szene gefilmt wurde – für die Wissenschaft. Denn ich bin seit meiner Geburt Probandin der “Mannheimstudie” des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (zi). Über mehr als drei Jahrzehnte hinweg begleitet mich ein Team aus Wissenschaftler:innen nun durch all die Phasen meines Lebens, immer wieder mache ich bei Untersuchungen und Befragungen mit, wie es um mich und meine Psyche steht, wie sich mit den Herausforderungen des Lebens zurecht komme und welche Auswirkungen dies auf mein Wohlbefinden hat.

Vielleicht ist das auch ein Grund, warum mich das Thema “Seelische Gesundheit” so beschäftigt und seit vielen Jahren ein fester Bestandteil meines Lebens ist. Für mich ist klar, dass dies super relevant und wichtig ist. Für viele andere leider (noch) nicht. Umso schöner zu sehen, dass sich das gerade zu verändern scheint!

Viele Menschen sind von Depressionen oder Angststörungen betroffen.

Derzeit lesen und hören wir viel über Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen und andere psychische Erkrankungen. Diese Themen rücken vermehrt in den öffentlichen Fokus, und das ist ein positives Zeichen! Die Bedeutung von psychischen Krankheiten und das Bewusstsein dafür nehmen zu. Dies bedeutet nicht nur, dass die Anzahl der Betroffenen steigt, sondern vor allem, dass psychische Erkrankungen heute schneller erkannt und diagnostiziert werden als früher. Laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) wird jeder vierte deutsche Erwachsene innerhalb eines Jahres einer psychischen Erkrankung zugeordnet.

Die ZEIT schreibt hierzu in dem Artikel “Generation Psychotherapie” in der Serie “Passt schon” über psychische Krankheiten, dass die Zahlen zu psychischen Erkrankungen seit 20 Jahren grundsätzlich ziemlich konstant sind. Trotzdem finden sich in der Altersgruppe der unter 35-Jährigen mittlerweile deutlich häufiger Depressionserkrankungen als bei älteren Generationen. Daher kann trotz unzureichender Langzeitstudien zum aktuellen Zeitpunkt bereits ein Trend zu psychischen Erkrankungen abgeleitet werden. Was hierbei noch alles mit rein spielt, wird in dem Artikel aus allen Perspektiven beleuchtet. Absolute Leseempfehlung!

Die Aufklärung über Depressionen (beispielsweise durch Kampagnen der Stiftung Deutsche Depressionshilfe “stark-gegen-depression” auf Instagram) und auch zu anderen psychischen Erkrankungen und der psychischen Gesundheit (etwa durch den Psychosozialbildung e.V., ebenfalls auf Instagram) sind in vollem Gang. Menschen tauschen sich aus, setzen sich mit dem Thema auseinander, es wird Hilfe geleistet.

Falls ihr euch nicht nur informieren wollt, sondern professionelle Unterstützung braucht, könnt ihr euch jederzeit – ob Tag oder bei Nacht – kostenlos bei der Notfallseelsorge unter der 0800 – 1110111 oder 0800 – 1110222 melden. Weitere Notfallnummern, findet ihr hier.

Gerade in Krisenzeiten, die zu einem Katalysator für psychische Erkrankungen werden können, ist dies besonders wichtig. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer psychischen Erkrankung zu leiden, liegt bei knapp 50 Prozent. Das ist eine enorm hohe Zahl und muss daher ernst genommen werden!

Trotz rückläufiger gemeldeter Krankenstände wächst der Anteil der Personen, die sich aufgrund von psychischen Erkrankungen krank melden, weiter an. Laut DAK haben Fehlzeiten wegen Depressionen, Angst- und Belastungsstörungen sowie Belastungsstörungen durch Missbrauch von Medikamenten und Alkohol einen Höchststand erreicht. Im AXA Mental Health Report 2023 gab jede:r Dritte Deutsche an, derzeit unter einer mentalen Erkrankung zu leiden.

Es wird also höchste Zeit, endlich in die Offensive zu gehen und etwas zu tun! 

Eine angeknackste Psyche ist mit massivem Leid verbunden und schweren Einschränkungen im sozialen und beruflichen Leben – nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen. Im Auseinandersetzen mit der Psyche steht dabei oftmals das Vermeiden einer psychischen Erkrankung. Denn die wirtschaftlichen Konsequenzen einer angeknacksten Psyche führen zu Leistungsminderung, Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung und sind daher insbesondere für Unternehmen und Krankenkassen ein ernstzunehmender Kostenfaktor. 

Und obwohl die medikamentöse Behandlung von psychischen Erkrankungen die Milliardenschwere Pharmaindustrie nährt, hat sich in den letzten 20 Jahren ein Umdenken in der Diskussion um psychische Krankheiten etabliert. Die Positive Psychologie – die von Martin Seligman 1998 in seiner Antrittsrede zum Präsidenten der American Psychological Association (APA) ausgerufen wurde – gewinnt Auftrieb in ihrer Mission, zu erforschen, wie ein gesundes und erfülltes Leben geführt werden kann.

Der Blick richtet sich weg von der Behandlung von Symptomen hin zur Prävention. Das meint ein Auseinandersetzen mit Maßnahmen, wie wir unsere psychische Gesundheit gezielt stärken können, um die Wahrscheinlichkeit psychisch krank zu werden zu verringern.

Ein Hoch auf die psychische Gesundheit!

Was psychische Erkrankungen sind, leuchtet direkt ein – negative Abweichungen von Normzuständen im Verhalten. Doch was ist die Norm? Die sogenannte psychische Gesundheit. Diese kann, angelehnt an die Definition der British Heart Foundation (2008), als Grundlage gesehen werden, das Leben zu genießen und Schmerzen, Enttäuschungen und Unglück zu überwinden. Die psychische Gesundheit setzt sich zusammen aus dem Lebenswillen, einer positiven Lebenskraft, sowie dem tiefen Glauben an unseren Selbstwert und unsere Würde als Menschen.

Ist die psychische Gesundheit beeinträchtigt, geht das mit individuellen und gesellschaftlichen Folgen einher und beeinflusst uns in ganz vielen Bereichen: Das Immunsystem ist geschwächt, wir werden anfälliger für Infekte, wir bewegen uns aufgrund der inneren Niedergeschlagenheit sichtlich weniger, bleiben eher zuhause, meiden soziale Kontakte und die frische Luft. Dabei tut all das seinen Beitrag zum Erhalt der psychischen Gesundheit. Es ist verrückt zu erkennen, dass all das, was die Psyche zum Gesundsein braucht in dem Moment einer Erkrankung kategorisch schwer fällt und abgestoßen wird.

Die psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung, ein gutes Leben zu führen, leistungsfähig zu sein und sich sozial erfüllt zu fühlen. Daher ist es umso wichtiger, sich mit dieser in einer zunehmend immateriellen und digitalen Welt auseinanderzusetzen und Wege zu finden, die die psychische Leistungsfähigkeit erhalten sowie die Wahrscheinlichkeit verringern, psychisch krank zu werden.

Wusstet ihr das? Seit 1992 gilt der 10. Oktober als Tag der psychischen Gesundheit, um das Bewusstsein hierüber aktiv zu steigern. Dieser wurde vom Weltverband für psychische Gesundheit (WFMH) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen. 

Um psychisch gesund zu bleiben, ist es essentiell, sich darüber bewusst zu sein, welche Faktoren unsere psychische Gesundheit positiv wie auch negativ beeinflussen.

An dieser Stelle möchte ich euch einen tollen Beitrag der Sendung Quarks empfehlen: “Psychisch gesund – was schadet, was hilft”. Diesen könnt ihr in der ARD Mediathek anschauen.

Alarmstufe rot: Wenn die psychische Gesundheit in Gefahr ist.

Heute gehen wir davon aus, dass die psychische Gesundheit insbesondere durch neurobiologische, physische und psychosoziale Faktoren positiv und negativ beeinflusst werden kann – durch ein Zusammenspiel unserer genetischen Veranlagung (Geschlecht, Tendenzen), physischen Gesundheit (Krankheiten, Einschränkungen), Lebensereignissen und unserer Umwelt. Das heißt, psychisch krank zu werden, lässt sich niemals nur auf einen Auslöser zurückführen, genauso wenig wie psychisch gesund zu sein. 

Manche Faktoren sind eher festgelegt (wie unsere Gene), andere wiederum sind aktiv beeinflussbar. Dazu gehören beispielsweise unser soziales Umfeld oder die Umwelt, in der wir uns bewegen – vor allem unsere sozialen Kontakte, Familie, Freund:innen und die Arbeit. Gerade hier treten Defizite schnell zutage: vermehrte Konflikte, häusliche Gewalt, Misshandlung, Armut, Zurückweisung, fehlender Kontakt zu Familie und Freund:innen, Stress bei der Arbeit. All dies macht uns anfällig für psychische Erkrankungen. Man spricht von einer schlechten oder gefährlichen Umwelt.

Die psychische Gesundheit stärken

Das Schöne ist, dass wir selbst viel für unsere Gesundheit tun können, ganz gleich, in welchem Zustand wir uns gerade befinden. Ernährung, Sport und Stressreduktion gepaart mit positiven Gedanken und Aktionen sowie eine optimistische Lebenseinstellung helfen, uns darauf zu konzentrieren, was uns gesund hält und glücklich macht. Das könnt ihr tun:  

1. Reduziert Unsicherheiten und schafft Routinen

2. Achtet auf eure Ernährung

3. Bewegt euch ausreichend 

4. Baut Pausen und Entspannung aktiv in euren Alltag ein

5. Praktiziert Dankbarkeit und Wertschätzung

6. Bleibt in Verbindung und stärkt eure sozialen Beziehungen

7. Übt euch in Geduld, Zuhören und Empathie

8. Tut euch etwas Gutes

9. Lacht, so oft ihr könnt

10. Bietet Hilfe an – und nehmt sie auch an!

In diesen Beiträgen findet ihr ausführliche Hilfestellungen dazu, wie ihr eure psychische Gesundheit stärken könnt: 

Glück in Zeiten der Krisen
Erwecke den HERO in dir
Eure Tipps für eine starke Psyche

Diese Inhalte gibt es auch zum Anhören im Podcast “Das kleine Glück”.

Professionelle Hilfe zu Beanspruchen ist erstmal eine Hürde, daher kann eine Notiz mit anonymen Soforthilfen wie etwa jene der Telefonseelsorge Deutschland (Rufnummer 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222) bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. 

Passt auf euch auf, seid achtsam mit euch und euren Mitmenschen!

Eure Gina

Das Ministerium empfiehlt: Inspirierende Blogs und Menschen, die rund um das Thema psychische Erkrankungen aufklären, selbst betroffen waren und Anker bieten in dunklen Zeiten:

  • Freudmich (Blog über Psychotherapie)
  • Dasklemmbrett (Blog über die Gedanken einer Psychotherapeutin, erste Hilfe Tipps & Checklisten, Unterstützung und wichtige Einblicke)
  • Freunde fürs Leben (wichtige Anlaufstelle bei Suizidgedanken und Depression!)
  • MyTherapy Blog über psychische Erkrankungen von A bis Z
  • Candy Wasteland , Blog von Sammy Fröbel, die selbst psychisch erkrankte und auf ihrem Blog aufklärt und Informationen rund um die Themen Borderline, Depression und Angststörung für Interessierte, Erkrankte und Angehörige
  • Dare to be mad, Blog über Hochsensibilität und Depression
  • Mit Depressionen leben, Blog über Depressionsaufklärung
  • Fräuleins wunderbare Welt, Blog zum positiven Umgang mit Depressionen (Inspiration für Taten und Handlungen)
  • Hoffnungsschein, Blog über “Gänseblümchen der Woche” → Lifehacks für ein Leben mit Depression (Menschen, die selbst mit einer Depression leben, finden auf dem Blog Hilfe bei Depressionen, Hoffnung und Inspiration für Maßnahmen, um sich ihr ent­ge­gen­zu­stellen und können Mut fassen, genau das auch umzusetzen.)
  • Learning to live (Blog über Therapie von Depressionen)
  • Lieblingsmensch.ME (Blog über Resilienztraining bei Wartezeiten auf einen Therapieplatz)
  • Living the Future (Blog von Uwe, der mittlerweile Reden, Vorträge, Lesungen und Interviews zum Thema gibt und aufgrund seines eigenen Leidenswegs Tipps für Betroffene, Interessierte und Angehörige gibt)
  • Nora Fieling (Ganz bewusst sagt die Autorin hier „Ja zum Gefühl“. Denn auch Ängste, Traurigkeit, seelische Tiefpunkte und innere Konflikte sind Gefühle, für die sich niemand schämen müssen sollte. Ein Blog, um eigene Gefühle zugänglich zu machen und endlich mit den richtigen Worten zu betiteln) 
  • Sonnengrau (Blog für mehr Austausch zum Thema Depression)
  • Verbockt (Blog von Markus Bock, der über Depressionen aufklärt, Einblicke in den Alltag mit Depression gibt und zum Nachdenken, Handeln und Unterstützen anregt)
  • Charis Lifestyle Mental Health Blog (Blog über ein Leben mit Borderline & Depression → u.A. Influencerin für psychische Erkrankungen zu Gast bspw. auch bei der Tagesschau)
  • Schweinehund knutscht Depression (Humorvoller Umgang mit schlechten Diagnosen und der Erfahrung an Depression zu erkranken)

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